Zustandsfeststellung nach VOB – Bauzustand im Blick

Die Zustandsfeststellung nach VOB dient der sachlichen Dokumentation des Leistungsstandes auf der Baustelle zu einem bestimmten Zeitpunkt. Sie wird insbesondere bei Unterbrechung, Kündigung oder Streitigkeiten durchgeführt und schafft eine verlässliche Grundlage für die weitere Abwicklung des Bauvorhabens.

1. Das Wichtigste auf einem Blick

  • Rechtsgrundlage bildet § 4 Abs. 10 VOB/B.
  • Sie dient der Dokumentation des aktuellen Leistungsstands und Baustellenzustands.
  • Gemeinsames Protokoll mit Unterschriften und idealerweise Fotos und Plänen.
  • Beweissicherung für spätere Abrechnung, Ansprüche oder Streitfälle.

2. Was genau ist die Zustandsfeststellung nach § 4 Abs. 10 VOB/B?

Eine Zustandsfeststellung bezieht sich auf die Prüfung und Dokumentation des aktuellen Zustands einer Bauleistung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Sie kann laut § 4 Abs. 10 VOB/B während der Bauausführung von den Vertragspartnern eingefordert werden, wenn der Bauzustand durch besondere Ereignisse (Bauunterbrechung, Änderungen, …) unterbrochen wird. Sie dient zur:

  • Dokumentation des aktuellen Zustands der ausgeführten Leistungen
  • Qualitätssicherung
  • Überprüfung der Vertragsbedingungen
  • Schadensfeststellung

3. Wann darf/ muss eine Zustandsfeststellung verlangt werden?

Eine Zustandsfeststellung dient der objektiven Dokumentation des Zustands einer Sache zu einem bestimmten Zeitpunkt und kann in unterschiedlichen rechtlichen Kontexten notwendig oder sinnvoll sein. Sie hilft dabei, Streitigkeiten zu vermeiden und Ansprüche rechtssicher abzusichern.

Eine Zustandsfeststellung darf oder muss verlangt werden bei:

  • Mietverhältnissen
  • Kaufverträgen
  • Leasing- oder Leihverträgen
  • Baurecht oder Werkverträgen
  • Schadensfällen oder Unfällen
  • Auseinandersetzung oder unklaren Besitzverhältnissen

4. Wie läuft die Zustandsfeststellung ab – wer macht was?

Eine Zustandsfeststellung erfolgt, indem eine der beiden Parteien diese technische Abnahme verlangt. Dies muss schriftlich mitgeteilt werden. 
Daraufhin vereinbaren Auftragnehmer:innen und Auftraggeber:innen einen Termin, bei dem die Teilleistung gründlich geprüft wird. In einem Protokoll wird das Ergebnis schriftlich festgehalten. Beide Parteien erhalten im Anschluss eine unterschriebene Version des Protokolls. 
Sollten Mängel festgestellt worden sein, müssen die Auftragnehmer:innen diese innerhalb der festgelegten Frist beseitigen, andernfalls können Auftraggeber:innen Forderungen geltend machen.

5.Welche Unterlagen und Nachweise gehören ins Protokoll?

Damit ein Zustandsfeststellung Protokoll vollständig ist, müssen folgende Dokumente enthalten sein:

  1. Allgemeine Informationen (Name und Kontaktdaten der Parteien, Adresse des Objekts, …)
  2. Zählerstände (Strom, Wasser, Gas, …)
  3. Schlüsselübergabe (Anzahl und Art der Schlüssel, Unterschrift der Bestätigung, …)
  4. Zustand der Räume (Wände, Boden, Decken, Beleuchtung, …)
  5. Festgestellte Mängel oder Schäden (Genaue Beschreibung der Mängel, Ort und Ausmaß, …)
  6. Vereinbarung zur Renovierung (Rückbau von Einbauten, Malerarbeiten, …)
  7. Sonstige Vereinbarungen (Offene Forderungen, Kautionsregelung, …)
  8. Unterschriften (Alle anwesenden Parteien müssen das Protokoll unterzeichnen, Ort und Datum)

6. Worin unterscheiden sich die Zustandsfeststellung von Abnahme und Teilabnahme?

Die Zustandsfeststellung, Abnahme und Teilabnahme sind wichtige Instrumente zur Bewertung von Bau- oder Mietobjekten. Sie unterscheiden sich in Zweck, Zeitpunkt und rechtlicher Wirkung.

  • Zustandsfeststellung: Reine technische Dokumentation des aktuellen Zustands ohne rechtliche Folgen.
  • Abnahme: Offizielle Bestätigung, dass das Werk fertiggestellt und vertragsgerecht ist, wodurch die Gewährleistungsfrist beginnt.
  • Teilabnahme: Abnahme einzelner abgeschlossener Teilleistungen vor Fertigstellung des Gesamtwerks, wobei für diese Teile die Gewährleistungsfrist beginnt.

7. Wie grenzt sich die VOB-Zustandsfeststellung von §650g BGB ab?

Die Zustandsfeststellung bei Bauverträgen dient der Dokumentation des Baufortschritts und der Absicherung beider Vertragsparteien, wobei sich die Regelungen nach VOB/B und §650g BGB unterscheiden.

Zustandsfeststellung nach VOB:

  • Anlass: Sie erfolgt, wenn die Bauausführung unterbrochen wird – vorausgesetzt, der/die Auftragnehmer:in trägt keine Schuld an der Unterbrechung.
  • Zweck: Dokumentation des Bauzustands zum Zeitpunkt der Unterbrechung, um spätere Streitigkeiten über den Leistungsstand zu vermeiden.
  • Funktion: Sie dient der Beweissicherung – z. B. als Grundlage für:
    • Nachtragsforderungen
    • Teilabrechnungen
    • Wiederaufnahme der Arbeiten
  • Rechtliche Grundlage: Klar in der VOB/B geregelt; hat eine verbindliche rechtliche Wirkung.

Zustandsfeststellung nach BGB:

  • Anlass: Sie kommt zum Einsatz, wenn der/die Auftraggeber:in die Abnahme wegen behaupteter Mängel verweigert.
  • Zweck: Feststellung des Zustands der Leistung bei verweigerter Abnahme zur Beweissicherung.
  • Funktion: Sie kann sinnvoll sein bei:
    • Kündigung des Bauvertrags
    • Baustillstand
  • Rechtliche Einordnung: Im BGB nicht ausdrücklich geregelt; daher mit geringerer rechtlicher Bindungswirkung als nach VOB/B.

8. Welche typischen Fehler passieren – und wie vermeidet man diese?

  1. Unvollständige Dokumentation 
    In dem Protokoll werden nicht alle relevanten Details oder Schäden erfasst, weil die Dokumentation zu oberflächlich gestaltet wird.
    Vermeidung: Alle Informationen schriftlich genau festhalten und mit Fotos oder Videos verdeutlichen und dafür genügend Zeit einplanen.
  2. Kommunikationsmangel 
    Missverständnisse zwischen den Vertragsparteien über den Umfang oder die Erwartungen an die Zustandsfeststellung. 
    Vermeidung: Eine klare Kommunikation und klare Absprachen vor Beginn klären, was dokumentiert werden soll, um diese Missverständnisse zu vermeiden.
  3. Vernachlässigung von versteckten Mängeln 
    Eine zu oberflächliche Prüfung lässt oft versteckte oder schwer erkennbare Schäden übersehen. 
    Vermeidung: Technische Hilfsmittel für verborgene Mängel einsetzen, z.B. Feuchtigkeitsmessgeräte.
  4. Unzureichende rechtliche oder normative Kenntnis 
    Normen, Gesetze oder vertragliche Anforderungen werden nicht oder nicht richtig berücksichtigt. 
    Vermeidung: Fachliche und rechtliche Standards einbeziehen und kennen.

Fazit

Die Zustandsfeststellung nach VOB dient der objektiven und nachvollziehbaren Dokumentation des aktuellen baulichen oder technischen Zustands eines Objektes. Sie schafft Transparenz, minimiert Streitigkeiten und bildet eine verlässliche Grundlage für spätere Bewertungen, Instandhaltungen oder rechtliche Auseinandersetzungen.

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