Was ist BIM?

Die Bauwesen in Deutschland tut sich schwer mit der Digitalisierung. Und das hat Folgen: Zu viele Projekte überschreiten dramatisch veranschlagte Bauzeit und kalkuliertes Budget. Für die Architektur ist BIM (Building Information Modeling) der Digital-Booster, der die digitale Zeitenwende in der Baubranche vorantreibt. Bauwerksdatenmodellierung katapultiert Architektur-Projekte in eine moderne, digitale Arbeitswelt: Statt 2D-Planungsansichten bedeutet BIM für Architekten und Ingenieure Planen in vernetzter Dreidimensionalität – flexibel und im Projektverlauf anpassbar. International ist BIM im Bauwesen fest verankert. Und auch in Deutschland wird BIM schrittweise verpflichtende Planungs-Methode.

30. März 2021
Haus dargestellt mit BIM.

Was ist BIM?

Bevor wir weiter erläutern, warum BIM in der Architektur digital wegweisend ist, bleibt zunächst die Frage zu beantworten: Was ist BIM? BIM ist die Abkürzung für Building Information Modeling – auf Deutsch Bauwerksdatenmodellierung. Es beschreibt eine Methode, bei der mithilfe von Software ein digitales Abbild eines Gebäudes, also ein digitaler Zwilling, erstellt wird. Mit Zusatzinformationen versehen, kann der gesamte Lebenszyklus des Bauwerks mit BIM von der Planung über Bau bis zu Bewirtschaftung und Rückbau digital abgebildet werden.

Mit BIM ist nicht nur eine dreidimensionale Gebäudedarstellung möglich, sondern eine 5D- oder sogar 7D-Abbildung. Neben der reinen Geometrie können Zusatzinformationen integriert und aktualisiert werden, zum Beispiel Infos zu Material und Kosten. Und was BIM als Building Information Modeling besonders wertvoll und zukunftsweisend macht: Zeitplanung und Nachhaltigkeitsaspekte werden im BIM Modell erarbeitet und aktualisiert. So können Projekte effizienter, umweltschonender und kostengünstiger abgewickelt werden.

Durch die digitale Erfassung aller relevanten Daten in der Bauwerksdatenmodellierung wird vernetztes und effizientes Arbeiten möglich. Dem openBIM Datenaustausch liegt der Standard IFC zugrunde. Die Abkürzung IFC steht für Industry Foundation Classes und ist der primäre, weltweite, offene Standard für den Datenaustausch in der Bauindustrie. Nutzen Unternehmen die Informationen aus dem BIM konsequent in jeder Phase des Projekts, ist sichergestellt, dass jedes Gewerk mit konsistenten Daten arbeitet. Die Kommunikation wird vereinfacht und Fehler bei der Wiedereingabe von Informationen werden auf ein Minimum reduziert. BIM ist in der Architektur und im Ingenieurwesen künftig nicht mehr wegzudenken und ein entscheidendes Tool für Nachhaltigkeit und Digitalisierung.

Neue Chancen mit BIM in der Baubranche

Die Einführung von BIM im Bauwesen hat diverse Vorzüge. Im Endergebnis resultieren die digitale Gebäudemodellierung und die vereinfachten Arbeitsprozesse in:

  • Höherer Kosteneffizienz
  • Besserer Termintreue
  • Optimierter Qualität der Bauwerke

BIM für Ingenieure und Architekten in der Entwurfs- und Planungsphase

Wird BIM im Ingenieur- oder Architekturbüro angewandt, können erste digitale Entwürfe sehr viel schneller und präziser angefertigt werden als mit bisherigen Tools. Ein paar Klicks genügen und die Software berechnet automatisch digitale Modellvarianten – inklusive veränderter Parameter wie Materialmengen, Kosten- und Terminkalkulation. Alternative Vorschläge lassen sich so dem Bauherrn bequem mit BIM für Ingenieure und Architekten am 3D- bis 7D-Modell präsentieren und diskutieren. Die detaillierte Simulation im digitalen BIM Modell in dieser frühen Projektphase verhindert, dass es später zu größeren Korrekturen kommt, die kostspielig und aufwändig werden.

Die Software garantiert zudem eine hohe Qualität von technischen Zeichnungen, Grundrissen und Schnitten, weil diese ebenfalls automatisch aus dem Modell abgeleitet werden und damit fehler- und widerspruchsfrei sind.
Über Schnittstellen lässt sich weitere Software an das BIM Modell anschließen, sodass die hinterlegten Daten auch von Gewerken genutzt werden können, zum Beispiel für die Planung und Umsetzung von Beleuchtungen oder Wärmebedarfsanalysen.

Aufwändige manuelle Prüfungen, ob das Projekt alle rechtlichen Anforderungen einhält, entfallen dank der Anwendung von BIM in der Architektur. Die digitale Bauwerksdatenmodellierung überprüft das Modell automatisch auf Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften und Richtlinien.

Building Information Modeling in der Phase der Ausschreibung und Vergabe

Grundlage für Ausschreibungen sind Leistungsverzeichnisse. Die dafür notwendigen Mengenberechnungen können mit BIM in einem Bruchteil der Zeit und in hoher Genauigkeit erfolgen, sodass die Anwendung von BIM für Architektur- und Ingenieurbüros bessere Kostenermittlungen bedeutet.

Auch die Baufirmen profitieren von den detaillierten digitalen Modellen, da sie ihren Aufwand besser einschätzen und solide Angebote abgeben können. Das Risiko von Planungsfehlern wird durch die Anwendung von BIM im Bauwesen minimiert.

BIM im Bauwesen: die Bauausführung

Wird das BIM-Modell mit Informationen zu Kosten und Zeit verknüpft, kann das System während der Bauausführung als Basis dienen, um den planmäßigen Fortschritt am Bau zu kontrollieren. Stellt die Bauleitung Abweichungen vom Plan fest, kann das Modell angepasst werden, um räumliche Kollisionen zu vermeiden und den weiteren Bauablauf bestmöglich zu organisieren.

Das System vereinfacht zudem das Controlling und die Abrechnung mit den beteiligten Baufirmen, da Material, Mengen und Kosten hinterlegt und Änderungen laufend aktualisiert werden.

BIM im Bauwesen: Regularien und Perspektiven

Building Information Modeling ist kein vorübergehender digitaler Trend im Prozess der Planung des Baus, sondern eine digitale Evolutionsstufe in der Architektur und dem Ingenieurwesen. Die vernetzte Bauwerksdatenmodellierung legt den Grundstein für weitergehende digitale Entwicklungen, insbesondere für das automatisierte Bauen. Die Verwendung von BIM im Bauwesen ist international teilweise schon weit fortgeschritten. Deutschland gehört hier zu den Nachzüglern, auch im europäischen Vergleich.

Dass die Einführung von BIM in Deutschland lahmt, ist unter anderem dem fragmentierten Bausektor geschuldet. Wenn BIM in der Architektur zur Planung genutzt wird, aber der Zulieferer-Betrieb keine geeignete Software hat, um das Modell für seine Aufgaben im Bau-Prozess zu verwenden, verliert sich der Nutzen. Erst wenn das Modell von allen beteiligten Akteuren verwendet wird, kann es seine Stärken ausspielen.

Studien zeigen schleppenden Digitalisierungsprozess

Große Bauunternehmen nutzen zwar auch hierzulande bereits mehrheitlich BIM. Doch der Bausektor besteht zu über 90 Prozent aus kleinen und mittleren Büros, sodass die Verbreitung insgesamt gering ausfällt. 2016 nutzten laut einer Studie des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation nur 11 Prozent der Bauunternehmen Bauwerksdatenmodellierung. Auch drei Jahre später kam BIM laut einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC (2019) im Mittel nur bei 17% der Bauprojekte in Deutschland zum Einsatz. 48% der befragten Unternehmen hatten noch nie mit BIM (Building Information Modeling) gearbeitet. Allerdings gaben 80% der Unternehmen an, das System in Zukunft einführen zu wollen. Und auch 2021 scheint sich das Bild nur schleichend zu verändern: ‘Die Lücke zwischen den Potentialen, die Bauunternehmen in digitalen Technologien erkennen und den eigenen Fähigkeiten in diesem Bereich, schließt sich – wenn überhaupt – nur sehr langsam’, sagt Christian Elsholz, Partner bei PwC Deutschland im Bereich Capital Projects & Infrastructure in einer PWC-Studie von 2021.

Stufenplan Digitales Planen und Bauen des Bundesverkehrsministeriums

Spitzenreiter in der Anwendung von BIM (Building Information Modeling) sind Länder, in denen der Staat bei öffentlichen Aufträgen auf die Nutzung von BIM besteht. Führend sind die USA, Singapur, Finnland, Australien und Großbritannien.
Die Bundesregierung setzt sich seit einigen Jahren intensiv dafür ein, die Verbreitung von BIM im Bauwesen voranzutreiben. Das Bundesverkehrsministerium hat bereits 2015 unter Bundesminister Alexander Dobrindt den Stufenplan Digitales Planen und Bauen vorgelegt. Der Stufenplan sollte die Grundlagen für die stufenweise Einführung von BIM legen. Seit dem 1. Januar 2021 gibt es eine Pflicht zur Verwendung von BIM bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Mit BIM Deutschland wurde ein nationales Zentrum für die Digitalisierung des Bauwesens geschaffen. Das Zentrum ist die zentrale öffentliche Anlaufstelle des Bundes für Informationen und Aktivitäten rund um BIM wird gemeinsam vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BWSB) betrieben.

Wettbewerbsfähigkeit durch Bauwerksdatenmodellierung

Noch mögen die Vorteile von BIM (Building Information Modeling) für kleinere und mittlere Büros zu gering erscheinen und der Aufwand für die Einarbeitung zu hoch. Doch wer an der Vergabe von öffentlichen Aufträgen teilnehmen möchte, ist zur Anwendung von BIM verpflichtet. Wer in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben will, kommt also um Bauwerksdatenmodellierung nicht mehr herum. Je später BIM für Architekten und Ingenieure ein vertrautes Konzept wird, desto schwerer wird es für sie sein, mit tiefgreifenderen digitalen Veränderungen Schritt zu halten  und wettbewerbsfähig zu bleiben.

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